Täuschungen
Eine Diskussion über das Thema Täuschungen scheint zunächst überflüssig und überzogen. Für viele User und Unternehmen wird es selbstverständlich sein, sich keiner fragwürdigen Maßnahmen zu bedienen, um künstlich irgendeine Wirkung zu erzeugen. Aber gerade weil bestimmte Vorgehensweisen, wie sie oben beschrieben wurden, für Unternehmen von großem Nutzen sein können, kann es passieren, dass gewisse Situationen künstlich herbeigeführt werden, um im Nachhinein besonders davon zu profitieren. Das Internet in seiner Anonymität lässt dafür zudem ausreichend Spielraum.
„Guerilla Marketing“ (Gillin, 2009b, S. 191) steht für eine bestimmte Marketing Strategie, die darauf abzielt, Menschen dazu zu bringen, über das zu kommunizierende Unternehmen oder Produkt zu reden. Als Synonym für Virales Marketing ist diesem Ziel nichts entgegen zu setzen, und vielfach wird es vernünftig und erfolgreich umgesetzt. Weil Guerilla Marketing aber mit außergewöhnlichen Kommunikationsmaßnahmen in Verbindung steht (vgl. Gillin, 2009b, S. 191f), kann es auch mit Hilfe von trügerischen Aktivitäten zur Erreichung des Ziels genutzt werden. In Social Media bietet es sich beispielsweise an, User durch „Stealth-Marketing“ (Weber, 2009, S. 23) auf ein Unternehmen aufmerksam zu machen. Das bedeutet, dass ein Unternehmen sich als Kunde in einer Social Community ausgeben kann (vgl. Weber, 2009, S. 23).
Ein typisches Vorgehen im Sinne des Stealth-Marketing sind z. B. gefälschte Kundenrezensionen. In Transaktions-Communities geben User Bewertungen ab und verfassen Erfahrungsberichte. Damit empfehlen sie ein Unternehmen oder raten von dem Kauf eines Produktes ab. Unternehmen selbst haben hier normalerweise kaum Gelegenheit selbst einen Beitrag dazu zu schreiben. Es sei denn, sie tun dies als Konsument. Ein erstelltes Benutzerprofil, das keinen Bezug zum Unternehmen darstellt, reicht aus, um die Identität im Internet zu wechseln. Um sicher zu stellen, dass es sich bei dem User tatsächlich um einen Kunden handelt und damit das bewertete Unternehmen weiß, worum es geht, muss der Beitrag teilweise eine Bestellnummer enthalten. Für Unternehmen, die planen sich selbst zu bewerten, stellt dies allerdings kein Hindernis dar.
Reaktions-Communities bieten ebenfalls Gelegenheit für ein unkorrektes Vorgehen im Social Media Marketing. Anstatt hier nur auf User zu reagieren, die sich mit ihren Fragen an andere Teilnehmer der Social Community wenden, kann es auch passieren, dass Unternehmen selbst die Position des Fragenden einnehmen. Um sich selbst einen Anlass zu geben, einen Beitrag zu schreiben, stellen Unternehmen zum Teil selbst Fragen in den Reaktions-Communities. Diese sind genau auf die vorbereitete Antwort zugeschnitten und sollen nicht nur die Wahrnehmung des Unternehmens in Social Media steigern, sondern auch ein gutes Image verbreiten.
Weil kritische Äußerungen den Unternehmen, wie beschrieben, die Chance geben, gestärkt aus der Situation hervorzugehen, bietet es sich an, solche Kritiken als Unternehmen selbst zu verfassen. Diese werden dann wieder mit einem anonymen Profil in einer Community veröffentlicht. Anschließend reagiert das Unternehmen auf seine eigene Kritik und findet eine Lösung für das fiktive Problem. Das kritisierende Profil betont in seinem abschließenden Post seine Zufriedenheit mit dem Service des Unternehmens.
Diese Vorgehensweisen sollen nicht auf empfehlenswerte Möglichkeiten zur Nutzung von Social Media hinweisen. Sie beschreiben vielmehr, wie im Social Media Marketing nicht vorgegangen werden soll. Da das Vertrauen der User in Social Communities eine große Rolle spielt, sollte Wert auf ein transparentes Auftreten gelegt werden. Transparenz ist die Grundlage für eine Vertrauensbasierte Beziehung zu Kunden (vgl. Jarvis, 2009, S. 168). Durch Marketing Strategien, in denen das Unternehmen in die Rolle eines Kunden wechselt und in dessen Namen falsche Aussagen veröffentlicht, werden Konsumenten betrogen.
Im Internet kommt es immer wieder zu Falschmeldungen. Sie werden entweder aus Unwissenheit veröffentlicht oder sind mit erläuterten Absichten verbunden. User reagieren darauf unterschiedlich. Teilweise schenken sie diesen Täuschungen Aufmerksamkeit, indem sie sie so hinnehmen und glauben. Allerdings gibt es auch User, die zweifelhaften Beiträgen nachgehen, um sie gegebenenfalls zu enttarnen (vgl. Jarvis, 2009, S. 160). Damit wäre nicht nur das aufgebaute Vertrauen verloren, sondern auch ein nicht oder nur schwer zu überwindender Imageschaden verbunden.
Der Social Media Marketing Prozess -> Erfolgsmessung